Während des Zweiten Weltkriegs untersuchte Armstrong Whitworth das Potenzial von Laminarprofilen und Nurflügler-Entwürfen. Drei Testflugzeuge wurden gebaut, doch die Hoffnungen auf deutlich höhere Leistungen erfüllten sich nicht.
John Lloyd, Chefkonstrukteur von Sir W. G. Armstrong Whitworth Aircraft, interessierte sich bereits zu Beginn des Zweiten Weltkriegs für das Potenzial von Laminarflügeln, bei denen die Luft gleichmäßig und eng anliegend über fast den gesamten Flügel strömt. Das verspricht geringeren Luftwiderstand und spart Treibstoff. 1942 sicherte sich das Unter-nehmen diesbezüglich einen Auftrag des Directorate of Scientific Research und baute eine 2,4 Meter lange und 1,8 Meter tiefe Flügelsektion für Tests im Windkanal des National Physical Laboratory. Dies erforderte eine neue Konstruktionsmethode, in der das Bauteil von außen nach innen fertiggestellt wurde. Die Ergebnisse waren mit einer anliegenden Strömung über 60 Prozent der Flügeltiefe vielversprechend.
Als Nächstes wurden Flügel für Tests mit einer Hurricane gebaut. Außerdem entschied man sich im März 1943 zur Konstruktion eines Nurflüglers für weitere Versuche. Die Bauarbeiten wurden im März 1944 im Werk Baginton begonnen. Aus Kostengründen begnügte man sich mit einer einfachen Ausführung aus Holz mit festem Fahrwerk. Als Profil wurde ein NACA 653220 verwendet, mit einer Flügelbeplankung aus Plymax (1,6 mm Sperrholz verklebt mit Aluminiumblech/Alclad). Der Gleiter A.W.52G erhielt Luftabsaugschlitze im äußeren Flügelbereich mit elektrisch betriebenen Gebläsen. Eine weitere Besonderheit waren hydraulisch betätigte "Korrektoren" vor den Elevons (Kombination von Höhen- und Querruder), die das beträchtliche Kippmoment der Fowlerklappen ausgleichen mussten. Zudem waren Spoiler im inneren Flügelbereich und Seitenruder an den Flügelspitzen vorhanden. Für Pilot und Beobachter gab es ein großzügig verglastes Cockpit.
Die ersten, von einem Fahrzeug geschleppten Rollversuche und sechs kurze Hüpfer wurden am 2. März 1945 in Bitteswell durchgeführt, bevor Charles Turner-Hughes noch am selben Tag den Erstflug absolvierte. Geschleppt hinter einer A.W.39 Whitley Mk V erreichte er 3700 Meter bis zum Ausklinken und hatte dann rund 25 Minuten Zeit bis zur Landung. Diese wurde mit 40 Grad Klappenstellung gemacht, wobei die Korrektoren auf sieben Grad nach oben standen. Am folgenden Tag erreichte Turner-Hughes etwa 260 km/h. Außer einer Änderung der Klappengeschwindigkeit, bei der man die Ausfahrzeit auf zehn Sekunden verlängerte, erwies sich die A.W.52G von Anfang an als sehr gut handhabbar. Es wurden zahlreiche Flüge mit bis zu 35 Minuten Dauer und Ausklinkhöhen von bis zu 6100 Metern durchgeführt und so bis März 1950 viele Daten im niedrigen Geschwindigkeitsbereich gesammelt. Anschließend stand die A.W.52G einige Jahre als Ausstellungsstück vor den Büros in Baginton. Als die Struktur verrottete, wurde das Flugzeug Ende der 1950er-Jahre verschrottet.
Um mehr Daten für den Entwurf eines möglichen Nurflügler-Verkehrsflugzeugs zu sammeln, war ein Testflugzeug mit Strahlantrieb nötig. Das konnte Armstrong Whitworth nicht selbst bezahlen, und so musste man beim Ministry of Supply Gelder einwerben. Ende 1944 erhielt man einen Auftrag entsprechend der Spezifikation E.9/44 für zwei Versuchsmuster, welche die Bezeichnung A.W.52 erhielten. Sie hatten eine zweiköpfige Crew und waren in der Lage, 1815 Kilogramm an Nutzlast (Post) zu transportieren. Die Flügelform wurde exakt von der A.W.52G übernommen, aber natürlich vergrößert mit einer Spannweite von 27,71 Metern. Die Flügeldicke war dabei noch nicht ausreichend, um das Cockpit darin unterzubringen, und so wurde in der Mitte ein Rumpf gebaut. Auch die Triebwerke wurden in an der Flügelunterseite anliegenden Gondeln untergebracht. Ansonsten gab es wie beim Gleiter A.W.52G Fowlerklappen, Korrektoren und Seitenleitwerke/Seitenruder an den Flügelspitzen. Die Grenzschichtabsaugung im Außenbereich wurde nur zeitweise aktiviert. Wie beim Flügelsegment für den Windkanal wurden die Ober- und Unterhälften der Tragfläche von außen nach innen gebaut, um eine extrem hohe Präzision (0,05 mm) zu erreichen.
Die erste A.W.51 (Kennung TS363) wurde Anfang 1947 fertiggestellt, und Eric Franklin begann am 1. April Rollversuche in Baginton. Der Platz war für Flugtests aber zu klein, und so wurde die Maschine demontiert und für die SBAC-Show im September nach Farnborough gebracht. Von dort ging es nach erneuter Demontage weiter nach Boscombe Down, wo die weiteren Rollversuche am 28. Oktober in Angriff genommen wurden. Eric Franklin stellte fest, dass die Maschine bei Geschwindigkeiten von rund 140 km/h von selbst abhob und sehr sensibel auf Höhenrudereingaben reagierte. Nur radikale Schubreduzierung brachte sie zurück auf den Boden. Nach einigen Modifikationen hob Franklin dann am 13. November 1947 zum Erstflug ab. Die Rollstrecke betrug dabei etwa 550 Meter, und nachdem das Fahrwerk eingefahren war, wurden in 915 Meter Höhe bei etwa 390 km/h einige vorsichtige Kurven geflogen. Die Landung in einem sehr flachen Winkel erfolgte nach langem Ausschweben über der Bahn bei etwa 150 km/h. Höhenrudereingaben führten sofort zu Schwingungen und mussten vor dem Aufsetzen vermieden werden. Beim zweiten Flug gab es Probleme mit dem Bugrad, das nicht einrasten wollte. Der dadurch leicht geänderte Anstellwinkel am Boden begünstigte aber sogar das Rollverhalten. Beim dritten Flug am 26. November traten in ruppiger Luft wieder extreme Schwingungen auf.
Nach den ersten Tests in Boscombe Down wurden die Flugversuche im Dezember in Bitteswell fortgesetzt, wo auch eine öffentliche Präsentation stattfand. 1948 wurde neben Franklin auch Testpilot W. H. "Bill" Else ins Testprogramm eingebunden. Am 1. September flog auch die zweite A.W.52 (TS368), angetrieben von einem schwächeren Rolls-Royce Derwent (15,57 kN gegenüber den 22,24 kN starken Nene des ersten Prototyps). Wenige Tage später waren beide Maschinen bei der SBAC-Show in Farnborough am Boden und in der Luft zu sehen, bevor sie nach Bitteswell zurückkehrten. Das Testprogramm wurde dort von Else und Franklin stetig fortgesetzt.
Eine Schrecksekunde gab es am 24. März 1949, als bei einen Überflug mit 537 km/h die Maschine beim Wegsteigen plötzlich nach vorn kippte und dann in heftige Schwingungen geriet, die erst bei etwa 315 km/h endeten. Die Belastung der Zelle lag bei brutalen +12/-5 g, sodass eine gründliche Inspektion anstand. Zwischenzeitlich wurde mit J. O. Lancaster ein dritter Pilot ins Programm aufgenommen. Er machte mit der TS363 seine Eingewöhnungsflüge und erreichte dabei am 30. Mai in ruppiger Luft zwischen Kumuluswolken etwa 590 km/h, bevor es auch hier zu extremen Schwingungen kam – so heftig jedenfalls, dass Lancaster als erster britischer Pilot mit einem Martin-Baker-Schleudersitz aussteigen musste. Die A.W.52 stabilisierte sich dann wieder und machte eine Bauchlandung bei Leamington Hastings, wobei die Beschädigungen aber eine Reparatur ausschlossen. In 65 Flügen war die TS363 gut 36 Stunden lang in der Luft gewesen.
Das Testprogramm mit der TS368 wurde erst nach umfangreichen Untersuchungen am 19. Oktober 1949 fortgesetzt, allerdings mit erheblichen Restriktionen wie einer Höchstgeschwindigkeit von 400 km/h. Nach einem weiteren Jahr der Flugversuche wurde die A.W.52 dann Ende Oktober 1950 an das RAE Farnborough (Royal Aircraft Establishment) übergeben, wo man die Maschine für Strömungsmessungen an Pfeilflügeln einsetzte. Um den Verlauf von zähen Flüssigkeiten auf der Oberfläche besser sehen zu können, wurden Teile der Tragfläche schwarz lackiert. Die Ergebnisse waren ernüchternd: Der Umschlag von der laminaren zur turbulenten Strömung erfolgte bereits nach fünf Prozent Flügeltiefe, nach einer Oberflächenbehandlung (spachteln und schleifen) dann immerhin bei 20 Prozent.
Die diversen Versuchsprogramme in Farnborough liefen ohne große Priorität noch bis September 1953. 1954 wurde die TS368 dann nach Shoeburyness gebracht und bei Schießversuchen verschrottet. Die Hoffnungen von Armstrong Whitworth bezüglich der Leistungsverbesserungen durch Laminarprofile hatten sich nicht erfüllt. Die Produktion war zu aufwendig, und im Alltagsbetrieb störten schon kleinste Verschmutzungen durch Staub und Insekten. Auch das Handling des Nurflüglers war zu kritisch.
Hersteller: Armstrong Whitworth Aircraft Besatzung: 2 Antrieb: 2 x Rolls-Royce Nene oder Rolls-Royce Derwent Leistung: 2 x 22,24 kN oder 2 x 15,57 kN Länge: 11,38 m Höhe: 4,37 m Spannweite: 27,71 m Flügelfläche: 122 m2 Leermasse: 8920 kg Frachtzuladung: 1800 kg Kraftstoff: 7730 l max. Startmasse: 15 490 kg oder 15 110 kg (TS368) Höchstgeschwindigkeit: 805 km/h oder 725 km/h (TS368) Dienstgipfelhöhe: ca. 11 000 m Steigrate: 24,4 m/s oder 12,7 m/s (TS368) Reichweite: 3430 km
© 2023 FLUG REVUE ist ein Teil der Motor Presse Stuttgart GmbH & Co. KG